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Wallenstein vor dem preußischen Königspaar

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Schloss Belvedere bei Weimar. Foto: Gisela Seidel
 



Professor Loder hatte am 8. Juni des Mittags in das Schloss Belvedere, in der Nähe Weimars, zu einer Gesellschaft geladen, zu der auch Goethe erschienen war.
 
Schon während unseres dortigen Aufenthaltes bemerkte ich, dass mir die gesellschaftliche Unruhe nicht gut tat, und auch die achtstündige Erschütterung während der Kutschfahrt sorgte dafür, dass ich zwei Tage brauchte, um mich davon zu erholen.
 
Die Sonne hatte das Regenwetter für wenige Tage vertrieben, und ich saß so oft ich konnte auf meinem kleinen Gartenfleckchen an meiner Arbeit und war guter Hoffnung, auf dem rechten Weg zu sein.
 
Doch leider war das Vergnügen nur von kurzer Dauer, denn bald schon wurde es so empfindlich kalt, dass wir heizen mussten.
 
Ende Juni hatte sich meine Schwester Christophine mit ihrem Mann zu einem Besuch angekündigt, und ich dachte schon jetzt mit wenig Begeisterung an Reinwald, meinen Schwager, mit dem ich absolut nichts anzufangen wusste, und der mir in den sechs Tagen wie ein Klotz an meinem Bein hängen würde.
 
Ich befürchtete, dass mich der Besuch am Weiterschreiben hindern könnte, denn ich befand mich ganz im Banne der Hauptfigur meines neuen Stückes, deren Schicksal als Leidensweg das Interesse des Publikums entzünden sollte und nicht die Person der Maria Stuart, die, aufgrund ihrer eigenen Gefühlskälte, nicht imstande war Sympathien erwecken zu können und die aus diesem Grunde nur von ihrer Amme geliebt wurde. Ich wollte den Zuschauer durch das Pathetische in eine allgemeine tiefe Rührung versetzen, die nahezu frei war, von einem persönlichen Mitgefühl für die Hauptperson.
 
Es kam so, wie ich befürchtet hatte. Reinwald, der sich in seiner hypochondrischen Art noch gesteigert hatte, verdarb mir die ganze Woche. Lotte und ich begleiteten meine Schwester und ihn am 30. Juni 1799 nach Weimar, wo am 2. Juli vor dem preußischen Königspaar mein Wallenstein gegeben wurde. Anschließend wurde ich der Königin Luise vorgestellt, die geist- und gefühlvoll regen Anteil an meiner Dichtung nahm.
 
800px-Friedrich_Wilhelm_III_mit_Königin_Luise_auf_der_Pfaueninsel

Das Königspaar Friedrich Wilhelm III. und Luise von Preußen. Quelle: Wikipedia
 


 
Am 3. Juli kehrten wir zurück und fanden einen Brief von Cotta vor, der die glückliche Geburt seines Stammhalters bekannt gab. Meine Schwägerin Karoline war mit ihrem Mann von einer Reise aus Dresden zurückgekehrt, und Lotte fühlte sich seit einiger Zeit des Öfteren unwohl. Auch ich litt unter der großen Hitze, die mich von meiner Arbeit abgehalten hatte, weil sie sich nachteilig auf meine Stimmung und Gesundheit auswirkte.
 
Seit Tagen zogen die schwärzesten Wolken über den Himmel und mit ihnen die Hoffnung auf Gewitter und erlösenden Regen; doch er blieb aus. Die Natur verdorrte, und die Sonne verbrannte das Gras in meinem Garten.
 
Endlich am 10. Juli kam der lang ersehnte Regen und brachte Abkühlung, welche die Natur im Tal und uns aufatmen ließ.
 
Wir hatten mittlerweile von der freundlichen Absicht der Herzogin erfahren, die uns als besondere Geste der Anerkennung im Hinblick auf mein Wallenstein-Drama mit einem silbernen Kaffeeservice beschenken wollte.
 

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